Als am Donnerstag um 11 Uhr Sigrid Meierhof, die erste Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen, die Kinder-Notfall-Tage eröffnete, ist der Tagungssaal in Garmisch bis auf den letzten Platz gefüllt. Bereits zum 6. Mal fanden vom 7. bis 9. Februar 2019 die Kinder-Notfall-Tage statt. Der Seminarkongress in Garmisch bietet praxisrelevante Themen, Tipps von namenhaften Experten, innovative Workshops und eine Auswahl an Tutorien. Interdisziplinär treffen hier alle Berufsgruppen aus dem Bereich Klinik und Notfallrettung, wie Ärzte, Pflegepersonal, Intensivmediziner und Mitarbeiter aus dem Bereich Rettungsdienst, zusammen.
In diesem Jahr war auch das Team von 100-Achtzig-Grad mit dabei. Die zwei erfahrenen Dozenten Clivia Langer und Sören Petry veranstalteten jeweils zwei 75 Minuten lange Tutorien zum Thema „Der Kindernotfall, der unter die Haut geht – und dann?“. 
Clivia Langer – gelernte Kinderkrankenschwester, Diplom-Psychologin und langjährige Notfallpsychologin – erklärte den etwa 200 Teilnehmern, wie man als Fachpersonal mit schwierigen Situationen und mit belastenden Einsätzen und Schuldgefühlen umgeht. Anschaulich beschrieb sie anhand von Beispielen aus der Praxis, wie sich das Pflegepersonal einer Kinderintensivstation fühlt, wenn trotz modernster Medizin doch keine Hilfe mehr für das erkrankte Kind möglich ist und sich danach die Frage stellt, ob man noch hätte weitermachen sollen.

Clivia Langer, Foto: R. Müller

Auch Sören Petry, der viele Jahre als Berufssoldat auf Rettungshubschraubern der Bundeswehr tätig war, kennt diese Situationen. Sobald der Alarm losgeht und es sich um einen Kindernotfall handelt, geht der Puls bei allen beteiligten Personen hoch. Eindrucksvoll schildert der ausgebildete Krisenmanager Wege und Möglichkeiten, die Gefühle von Schuld und Ohnmacht, die immer wieder um das Ereignis und das Geschehen kreisen, zu verarbeiten.

Sören Petry, Foto: R. Müller

Betroffene Personen wünschen sich jemand aus der gleichen Berufsgruppe – der zuhört, ohne zu bewerten oder zu analysieren. Ein Kollege, der einem das Gefühl nimmt, krank zu sein und der hilft, die Gedanken besser zu verarbeiten.
In vielen Bereichen und Unternehmen ist es häufig so, dass Fachpersonal von außerhalb für Nachbesprechungen und Supervisionen bestellt wird. Diese sind jedoch in der Regel mit den speziellen Gegebenheiten des Krankenhauses, der Organisation, der Behörde oder des Unternehmens nicht vertraut. Viel sinnvoller ist es, eigene Mitarbeiter zu schulen und diese auszubilden.

Clivia Langer und Sören Petry bieten individuell auf die Organisation oder das Unternehmen zugeschnittene, spezifische Programme, Trainings und Supervisionen an. Das Team von 100-Achtzig-Grad entwickelt gemeinsam mit den Führungskräften im Haus vorbeugende und nachsorgende Maßnahmen. Daraus entstehen auf den realen Erfordernissen basierende Ausbildungen und Trainingsmodule, die dem Schutz der Mitarbeiter und der Kollegen nachhaltig dienen.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch Vorhaltung psychosozialer Kollegenhilfe im Unternehmen für Krisenereignisse wird nachhaltig die Gesunderhaltung der Mitarbeiter gefördert. Gleichzeitig reduziert diese geschulte Kollegenhilfe im Nachgang die Fehlzeiten der betroffenen Kollegen.

Der Kindernotfall, der unter die Haut geht – und dann?

Abstract des Tutoriums mehr

>ALARM - Kindernotfall< - Adrenalin, der Puls geht hoch - Algorithmen vergegenwärtigen - abarbeiten - aufhören, noch nicht - haben wir wirklich alles probiert - hätten wir noch weiter machen sollen - was wäre noch möglich gewesen…Fragen und Schuldgefühle, Betroffenheit und Wut...Ja wir wissen, uns und der modernen Medizin sind Grenzen gesetzt, aber warum gerade hier und jetzt? Unsere Kollegen bestätigen alle, dass wir alles richtig gemacht haben. Trotzdem sind sie da, die Gefühle von Schuld und Ohnmacht, das Geschehen ist immer wieder in unseren Gedanken. Ich würde es mir gerne von der Seele reden, es beenden - am besten mit jemandem sprechen der so etwas kennt, nicht es bewertet oder analysiert, sondern einfach bei der Verarbeitung der Gedanken hilft. Das Tutorium will aufzeigen, wie und warum genau zu solchen Zeitpunkten Unterstützung durch Kollegen Sinn macht. Ich bin nicht krank, sondern fühle mich belastet. Jetzt mit jemandem zu reden, der mich aus der speziellen Sicht meiner Berufsgruppe genau versteht und zusätzlich in Kollegenhilfe ausgebildet ist, macht Sinn und holt mich dort ab, wo ich gerade bin. Kollegenhilfe als Psychische Erste Hilfe ist einer kurzfristigen vor Ort-Betreuung durch extern anreisende „Fachleute“ deutlich überlegen, nachhaltiger wirksam und fördert damit meine Gesunderhaltung.
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